Druck- und Zugstufe
Was ist das ?
Die Druck- und Zugstufe kümmert sich beim Einfedern und beim Ausfedern darum, die Bewegungen, welche durch Unebenheiten und Fahrdynamiken entstehen, zu minimieren und die Federung wieder in den Ruhezustand zu versetzen um den nächsten Schlag abfangen zu können.
Der Job sollte so harmonisch jedoch zügig wie möglich geschehen, damit der nächste Schlag genau so viel Bewegungsfreiheit im Fahrwerk haben darf. Zudem sollte sich das Fahrzeug nicht aufschaukeln.
Hier gibt es allgemein drei unterschiedliche Zustände in denen sich das Fahrwerk befinden kann:
Unterdämpfe Systeme
Ein unterdämpftes System bedeutet, dass Druck- und Zugstufe zu weit offen stehen und somit die eingehende Energie nicht durch das Öl gedämpft werden kann, sondern einfach durchfließt.
Typische Anzeichen / Merkmale
- Nervös in Kurven
- Bewegung in Kurven
- Hohes Schwerpunktgefühl bei der Kurvenfahrt
- Instabil
- Locker
- Übermäßig federndes Gefühl
- Überweiches Gefühl
- Instabiles Gefühl bei Beschleunigung
- Bodenkontakt (der Fussrasten z.b. bei Kurvenfahrt oder des Motorschutzes nach Sprüngen, da das Motorrad einfach insgesamt zu tief kommt)
- Auf Block gehen, d.h. Einfedern bis zum Endanschlag
Optimal eingestellte Systeme
Ein optimal eingestelltes System fährt sich sehr angenehm und bietet auf der Strecke viele Vorteile gegenüber einem nicht sauber konfigurierten Fahrzeug
- straff jedoch sauber einfedernd
- sensibel ansprechend ab dem ersten mm
- Spurtreu
- auch beim Gas geben in Kurven kein Ausbrechen
- Reifen überhitzen nicht
Überdämpfte Systeme
- Motorrad liegt tief
- Komprimiert unter Beschleunigungstößen
- Schlechter Geradeauslaufen
- Verringerter Komfort
- Verringerte Bodenhaftung
- Sehr hart
- Holprig
- Rau
- Unsanftes Gefühl
- Fühlt sich hoch an
Einstellen der Druckstufe und der Zugstufe
Nun denkt man, gut, dann stell ich das jetzt einmal ein und alles ist Paletti.
Leider falsch gedacht. Jeder unterschiedliche Untergrund benötigt auch eine spezielle Einstellung. Es gibt natürlich Grundeinstellungen, welche für alles benutzt werden können, jedoch ist es halt dann nie perfekt. So fahren die meisten herum.
Wenn man eine Strecke schon im voraus kennt und weiss, was auf einen zu kommt, ist eine schnelle Anpassung vielleicht sogar hilfreich.
Der Grundsatz für die Einstellung lautet:
Stelle Druck- und Zugstufe immer
gegensätzlich zur fahrenden Umgebung ein:
Weiche Umgebung:
Druck und Zugstufe eher schließen
Harter griffiger Boden:
Druck und Zugstufe eher öffnen
Werkzeug und Grundlagen fürs Einstellen
Es ist kein großer Aufwand nötig. Die meisten
Einstellungen können mit einem normalen
Schlitzschraubenzieher oder einem Inbus
eingestellt werden.
Immer nur eine Veränderung auf einmal, nicht mehrere Veränderungen in einem Schwung. Sonst ist es nicht möglich, Rückschlüsse auf die Reaktion des Fahrwerks zu ziehen. Meistens reicht ein Klick schon aus, um Welten zu verändern.
Einfahren des Fahrwerks =>
Zug- und Druckstufe was tut was, einfach zu merken
Druckdämpfung
Ausfahren des Fahrwerks => Zugdämpfung
Grundeinstellung einstellen
Wir arbeiten immer von der Grundeinstellung. Diese findest Du in der Bedienungsanleitung deiner Maschine bei Standardfahrwerken und bei Spezialfahrwerken beim Fahrwerkshersteller. Notiere diese, damit Du im Zweifel zurückkehren kannst.
Um zu prüfen ob die Einstellung gesetzt ist schrauben wir die Druck und Zugstufe zu.
Bitte beachte, die Schraube am Ende nicht mit Gewalt einzudrehen. Wenn du das Ende sanft spürst höre auf zu drehen.
Zähle die Klicks oder Viertelumdrehungen mit die du bis zum geschlossenen Ventil gebraucht hast. Damit kannst Du prüfen ob das Fahrwerk schon im Standardmodus war. Nun öffnest Du so viel (Klicks, Viertelumdrehungen) wie es der Standard vorschreibt für beide Ventile.
!!! WICHTIGSTE REGEL EVER !!!
Es wird immer nur ein Klick verändert
nie mehr !!!!
Wir arbeiten uns immer an die richtige Einstellung ran, und verändern nur einen Klick und testen, dann wieder einen Klick und wieder testen. Alle Erfahrungen mit dem Fahrwerk notieren wir uns für die Zukunft. Damit wir bei unterschiedlichem Untergrund direkt einstellen können.
Einstell-Zeit auf Basis des Untergrundes
Fangen wir mit der Zugstufe an. Sie wirkt der Federkraft entgegen und dämpft somit die Ausfederungsgeschwindigkeit nach dem Einfahren des Gabel.
Die Zugstufe sollte so gewählt werden, dass das Fahrzeug nach einer Federbewegung möglichst schnell wieder in seine Ausgangslage zurückkehrt, jedoch nicht nachschwingt. Wir gehen jetzt male ein paar Beispiele durch. Ihr werdet merken es ist kein Hexenwerk, jedoch sollte man sich Zeit nehmen oder sein Fahrwerk schon kennen.
Beispiel Einstellung für harten Boden:
(Steine, Matsch jedoch mit harten Steinen am Boden, fest gefahrener Kies, trockene festgefahrene Erde)
Zugstufe Heck
öffnen, damit der Dämpfer nach jeder Unebenheit schnell wieder ausfedert und somit der komplette Federweg hergestellt wird um für den nächsten Schlag bereit zu sein
Druckstufe Heck
ein wenig öffnen, damit die Einfederungsbewegung etwas schneller geht und Unebenheiten schnell vom Dämpfer geschluckt werden können
Zugstufe Gabel
etwas öffnen, damit die Gabel schneller ausfedert um die kompletten Federweg für den nächsten Stoß zur Verfügung zuhaben
Druckstufe Gabel
öffnen, damit auch hier die Unebenheiten beim Einfedern geschluckt werden
Beispiel Einstellung für weichen Boden:
(Matsch, weicher Kies, Sand, nasse Erde, Schnee )
Zugstufe Heck
schließen, damit ein zu schnelles Ausfedern nicht zum Hockspringen des Hecks führt
Druckstufe Heck
schließen, damit das Federbein durch den Rollwiderstand des weichen Sand laufen kann ohne sofort einzufedern
Zugstufe Gabel
etwas schließen, das verhindert ein Hochstoßendes Vorderrades
Druckstufe Gabel
schließen, so wird die Gabel daran gehindert bei jedem Sandhäufchen sofort einzufedern. Das Vorderrad wird dadurch gerader und stabiler durch den Sand fahren.
Einstell-Zeit nach Streckenführung
Beispiel kurvenreiche Strecke
Bei kurvenreiche Strecken empfiehlt es sich ein handliches Motorrad mit kurzem Radstand zu wählen.
Hier kann man folgende Punkte verändern um den Radstand des Motorrad zu verringern:
- Gabelüberstand erhöhen
- Federvorspannung am Federbein zu erhöhen
- Die gewonnene Wendigkeit auf der Straße zahlt man hier mit einem sehr harten Ansprechverhalten durch den zu gering ausfallenden Negativfederweg
Beispiel schnelle gerade Strecke
- Gabelüberstand minimieren
- Federvorspannung an der Gabel zu reduzieren
- Dadurch wird die Gabel weicher und schwammiger
Beispiel Enduro Strecke
Als Endurofahrer ist ein leichtes Vorderrad sehr angenehm um über Hindernisse drüber zu fahren.
- Gabel bis zum Ende des Lenkblocks setzen
- Dadurch wird das Fahrwerk mehr hecklastig und teilweise schon ein beherzter Gasgriff bringt das Vorderrad zum steigen
- Eine weiche Druck und Zugstufe bietet die Möglichkeit über Körperenergie die Federung zum Wheelie zu bringen.